Aus der Pressemitteilung des BAG Nr. 18/23: „Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.“
BAG, Urteil v. 30.03.2023, Az. 2 AZR 309/22
Sachverhalt
Geklagt hatte eine medizinische Fachangestellte, die seit 01.02.2021 bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt war. Da sich die Klägerin nicht gegen SARS-CoV-2 impfen lassen wollte, wurde sie in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG gekündigt. Hiergegen wehrte sich die Klägerin mit einer Kündigungsschutzklage. Sie machte insbesondere geltend, dass die Kündigung gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB verstoße. Sie begründete dies damit, dass sie vor Wirksamwerden der ab dem 15.03.2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenenausweises für das Krankenhauspersonal (§ 20a IfSG) nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen sei.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Ansicht des vorinstanzlichen Landesarbeitsgerichts. Die Kündigung verstoße, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, da es hierfür an der erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung der Rechte durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers fehle. Denn für die Kündigung war das wesentliche Motiv nicht die Impfverweigerung, sondern der Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft des Krankenhauses. Dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht ausgesprochen wurde, war rechtlich ohne Bedeutung.
Fazit
Das BAG hat mit dieser Entscheidung jedoch noch nicht entschieden, ob Kündigungen ungeimpfter Pflegekräfte wirksam sind, wenn diese länger als sechs Monate beschäftigt sind. Diese umstrittene Frage ist somit noch nicht höchstrichterlich geklärt. Anders beurteilt sich die Situation jedoch dann, wenn ein behördliches Tätigkeitsverbot verhängt worden ist. In diesen Fällen dürfte die Kündigung wirksam sein.