Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2023, Az. 5 AZR 273/22
Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urteil vom 08.02.2022, Az. 9 Sa 407/21
Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er benutzt einen Dienstwagen, den er auch privat nutzen darf. Neben seinem Bruttomonatsgehalt (€ 4.285,00) sind in der Gehaltsabrechnung des Klägers als Beträge für die den geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstwagens (€ 445,00) und für die Entfernungskilometer (€ 747,60) zwischen der Wohnung des Kläges und seiner Arbeitsstätte (56 km Entfernung) enthalten.
Der beklagte Arbeitgeber hat aus Sicht des Klägers die gesetzlichen Pfändungsgrenzen nicht beachtet und vom Nettogehalt des Klägers einen zu hohen Betrag an den Pfändungsgläubiger abgeführt. Der Kläger verlangt daher die Zahlung von € 29.639,14 netto für den Zeitraum Januar 2017 bis April 2020. Er ist der Auffassung, bei der Zahlung seiner Vergütung, die neben seinem Gehalt auch den Sachbezug der Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstwagens umfasse, seien die Pfändungsgrenzen nicht beachtet worden.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte auf die Berufung des Klägers hin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung der von dem Kläger geforderten Zahlung verurteilt.
Das Bundesarbeitsgericht ist der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gefolgt und die folgende Auffassung vertreten: Das Landesarbeitsgericht habe bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens des Klägers (§ 107 Abs. 2 Satz 5 Gewerbeordnung) unzulässigerweise den gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 Einkommensteuergesetz zu bemessenden Wert für die private Nutzung des dem Kläger zur Verfügung gestellten Dienstwagens für seinen Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen. Zwar seien zur Berechnung des pfändbaren Einkommens des Klägers sowohl Geld- als auch Naturalleistungen zusammenzurechnen (§ 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO). Hierzu gehört die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung. Dagegen handele es sich bei dem einkommensteuerrechtlich anzusetzenden geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstwagens für den Weg von der Wohnung des Klägers zum Arbeitsplatz nicht um einen Sachbezug, sondern lediglich um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug. Dieser dürfe bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens des Klägers gemäß § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einbezogen werden. Dies habe zur Folge, dass das Einkommen des Klägers niedriger anzusetzen sei mit der Folge, dass aus diesem niedrigeren Betrag die Pfändungsgrenzen zu ermitteln seien.