Kein Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung einer Abfindung

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 15.02.2022, Az. 6 Sa 903/21

Hintergrund:

Das LAG Hamm hatte über die ungewöhnliche Frage zu entscheiden, ob der Arbeitgeber einen Anspruch auf die Rückzahlung einer an den Arbeitnehmer geleisteten Abfindung in Höhe von € 265.000,00 hat.

Sachverhalt:

Der Beklagte war seit dem 14.01.2008 bei der Klägerin, einer Stadt, angestellt. Sein Bruttomonatsgehalt belief sich auf etwa € 3.700,00. Die Klägerin erfuhr von Dritten, dass der Beklagte bereit sei, gegen eine Abfindung das Arbeitsverhältnis zu beenden. Aufgrund beidseitiger Unzufriedenheit verhandelten die Parteien einen Aufhebungsvertrag, der im Januar 2019 abgeschlossen wurde. Demnach sollte das Arbeitsverhältnis im Wesentlichen zum 31.08.2019 unter unwiderruflicher Freistellung und gegen die Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 250.000,00 zuzüglich Steigerungsbeträge bei vorzeitiger Beendigung enden. Das Arbeitsverhältnis endete letztlich zum 30.04.2019 bei einer Abfindungssumme in Höhe von € 265.000,00 brutto. Nachdem die Abfindung ausgezahlt worden war, ermittelte die Kommunalaufsichtsbehörde sowohl gegen die Klägerin als auch gegen den Beklagten. Auch die Staatsanwaltschaft schaltete sich ein und ermittelte gegen den Bürgermeister der Klägerin und den Beklagten. Sie erhob Anklage beim Amtsgericht wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue. Mit Beschluss vom 15.05.2019 ordnete das Amtsgericht Hagen den Vermögensarrest in Höhe von € 250.000,00 in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beklagten an.

Die Klägerin erhob Klage beim Arbeitsgericht auf Rückzahlung der Abfindung mit der Begründung, der Aufhebungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Der Personalrat sei nicht ausreichend über die Inhalte des Aufhebungsvertrags informiert worden, insbesondere nicht über die Höhe der Abfindung. Dies führe zur Unwirksamkeit und lasse den Rechtsgrund für die Zahlung entfallen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Entscheidung:

Die Berufung des Beklagten beim LAG Hamm war erfolgreich. Das LAG Hamm hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der Abfindung aus ungerechtfertigter Bereicherung, da der Beklagte die Abfindungssumme nicht ohne rechtlichen Grund, sondern aufgrund des Aufhebungsvertrags erlangt hat. Das Versäumen der ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats gehe zu Lasten der Klägerin, so dass sie sich nicht auf die Unwirksamkeit des Vertrags aus diesen Gründen berufen könne. Der Aufhebungsvertrag verstoße auch nicht gegen Strafgesetze oder die guten Sitten.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Wie ging es strafrechtlich weiter…:

Ein leitender Mitarbeiter der Klägerin wurde wegen schwerer Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, verurteilt. Der Beklagte wurde wegen Beihilfe zu einer schweren Untreue zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Außerdem wurde seine ausgezahlte Abfindung eingezogen.

Dr. Dietmar Olsen. Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Dr. Olsen

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