BAG, Beschluss vom 21.11.2017, 1 ABR 47/16
Bei einer freiwilligen und anonymen konzernweiten Mitarbeiterbefragung zur Unternehmenskultur und dem betrieblichen Gesundheitsmanagement steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zu.
Der Fall:
In dem Fall ging es um eine Tochtergesellschaft (Herzzentrum) eines Universitätsklinikums. Das Universitätsklinikum fungierte als Konzernobergesellschaft für mehrere wissenschaftliche und medizinische Tochter- und Servicegesellschaften. Im Herzzentrum gab es einen örtlichen Betriebsrat, auf Konzernebene einen Konzernbetriebsrat. Im Jahr 2015 fand (wie bereits zuvor im Jahr 2012) eine konzernweite Mitarbeiterbefragung statt, die von einem externen Unternehmen durchgeführt wurde, das vom Universitätsklinikum beauftragt worden war. Die Befragung war freiwillig und hatte insbesondere zum Ziel, Handlungsbedarf bei der Führungs- und Unternehmenskultur, der Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit und dem betrieblichen Gesundheitsmanagement aufzudecken.
Hierzu sollten die Mitarbeiter auf freiwilliger Basis anonym Fragebögen mit über 100 zu beantwortenden Fragen ausfüllen, die dann von dem externen Unternehmen ausgewertet werden sollten. Die Geschäftsleitung sollte schließlich eine Zusammenfassung des Ergebnisses erhalten. Der örtliche Betriebsrat im Herzzentrum, bei dem schon nach der Mitarbeiterbefragung im Jahr 2012 keinerlei Verbesserungsmaßnahmen ergriffen worden waren, sah hierbei sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG als verletzt an und beantragte beim Arbeitsgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Das Arbeitsgericht gab dem Betriebsrat Recht und erließ eine einstweilige Verfügung, mit der dem Arbeitgeber aufgegeben wurde, das Universitätsklinikum anzuweisen, die Durchführung und Auswertung der Mitarbeiterbefragung hinsichtlich der Arbeitnehmer des Herzzentrums zu unterlassen, solange der Betriebsrat nicht zugestimmt habe oder die Zustimmung ersetzt worden sei. In der Folge unterblieb die Befragung im Herzzentrum. Sein Anliegen verfolgte der Betriebsrat jedoch auch noch in der Hauptsache weiter und beantragte hilfsweise die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts.
Die Entscheidung:
Das Arbeitsgericht stimmte dem Betriebsrat erneut zu. Auch vor dem Landesarbeitsgericht hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg. Vor dem BAG bekam der Arbeitgeber aber schließlich Recht.
Das BAG stellte insoweit fest, dass die konkrete Anweisung an den Arbeitgeber, diesen dazu zu veranlassen, von der Muttergesellschaft die Nicht-Durchführung der Mitarbeiterbefragung im lokalen Betrieb zu verlangen, nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gedeckt sei. Der Betriebsrat richte demnach fälschlicherweise sein Begehren gegen das Herzzentrum, wobei es sich eigentlich um eine Maßnahme des Universitätsklinikums handle. „Wo nichts bestimmt wird, ist auch nichts durch den Betriebsrat mitzubestimmen.“ führte das BAG insoweit aus und verwies darauf, dass es sich bei der Mitarbeiterbefragung um eine ureigene Entscheidung des Universitätsklinikums nicht jedoch der Herzzentrums gehandelt habe, für die nicht der örtliche Betriebsrat, sondern vielmehr der Konzernbetriebsrat zuständig sei.
Unabhängig davon bestünde bezüglich der Mitarbeiterbefragung aber weder nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 (Arbeits- und Gesundheitsschutz) noch nach § 94 Abs. 1 S. 1 BetrVG (Personalfragebogen) ein Mitbestimmungsrecht: Eine Regelung über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten werde über die Mitarbeiterbefragung demnach nicht getroffen. Auch handele es sich nicht um eine klassische Gefährdungsbeurteilung, da die Teilnahme an der Umfrage anonym und freiwillig und daher eine konkrete Gefährdungsanalyse nicht möglich sei. Aufgrund der Anonymisierung, so das BAG, liege schließlich auch kein Personalfragebogen vor, sodass auch ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats nicht gegeben war.