LAG Hessen, Urteil vom 21.11.2017, 8 Sa 146/17
Ein Arbeitgeber kann das Beschäftigungsverhältnis mit einem Arbeitnehmer kündigen, der eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und dessen vorzeitige Entlassung nicht sicher erwartet werden kann.
Der Fall:
In dem Fall ging es um einen ca. 24 Jahre alten Arbeitnehmer, der seit dem 21.06.2011 bei seinem Arbeitgeber als Bäcker beschäftigt worden war. In der Nacht vom 26.05.2014 auf den 27.05.2014 beging der Arbeitnehmer mit mehreren Mittätern einen versuchten Raubüberfall auf einen Supermarkt wurde dafür in zweiter Instanz unter Anrechnung der bereits verbüßten Untersuchungshaft zu einer (Rest-)Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Am 27.07.2016 teilte er seinem Arbeitgeber das rechtskräftige Urteil mit und trat am 15.09.2016 die Haft in der Justizvollzugsanstalt.
Über den Haftantritt informierte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber allerdings erst mit Schreiben vom 19.09.2016. Nachdem der örtliche Betriebsrat einer Kündigung des Arbeitnehmers wegen der Haftstrafe am 22.09.2016 zugestimmt hatte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.09.2016 ordentlich aus personenbedingten Gründen zum 31.12.2016. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage unter Verwies darauf, dass für ihn sowohl noch die Möglichkeit eines vorzeitigen Freigangs als auch die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung nach 2/3 der Haftzeit bestünde.
Die Entscheidung:
Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Die hiergegen eingelegte Berufung des Arbeitnehmers zum LAG blieb ebenfalls erfolglos. Das LAG schloss sich im Wesentlichen den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts an und verwies auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der eine haftbedingte Arbeitsverhinderung als personenbedingter Kündigungsgrund herangezogen werden kann. Danach liege ein Kündigungsgrund jedenfalls dann vor, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen habe.
In einem solchen Fall könnten dem Arbeitgeber auch keine Überbrückungsmaßnahmen mehr zugemutet werden, zumal der Arbeitgeber nach einer langen Abwesenheit des Arbeitnehmers auch mit einem neuerlichen Einarbeitungsaufwand rechnen müsse. Im Vorliegenden Fall musste der Arbeitgeber auch die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung nicht in seine Abwägung miteinbeziehen, da dafür im Zeitpunkt der Kündigung keinerlei Anhaltspunkte bestanden. Auch das Argument des Arbeitnehmers, dass er aufgrund der Geburt seiner Tochter auch mindestens zwei Jahre Elternzeit hätte beantragen können und dann ebenfalls nicht gearbeitet hätte, ließ das LAG nicht gelten. Es verwies darauf, dass es für die Elternzeit konkrete gesetzliche Regelungen gäbe und der Arbeitnehmer ja auch gerade nicht deshalb der Arbeit fernblieb.