Im Jahr 2019 gab es laut dem Statistischem Bundesamt 41,1 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland. Hinzu kommen geringfügig Beschäftigte und Auszubildende. Die Wahrscheinlichkeit, zumindest einmal im Leben eine Rechtsstreitigkeit im Arbeitsrecht zu haben, ist daher relativ groß. Dabei gibt es im arbeitsgerichtlichen Verfahren einige Besonderheiten zu beachten. Wir verraten Ihnen, welche Besonderheiten es bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten gibt und ob sich eine Rechtsschutzversicherung für Sie lohnt.
Was bedeutet Arbeitsrechtsschutz?
Der Arbeitsrechtsschutz, der häufig auch als Berufsrechtsschutz bezeichnet wird, umfasst nicht nur Kündigungen, sondern berücksichtigt alle Konflikte aus Arbeits- und Dienstverhältnissen, etwa wenn der Arbeitgeber die Vergütung nicht zahlt. Gleiches gilt beispielsweise auch bei Unstimmigkeiten beim Arbeitszeugnis, bei Abmahnungen, bei einem Streit um die Gewährung von Erholungsurlaub oder bei der Gewährung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Problemen im Rahmen des Mutterschutzes und der Elternzeit etc.
Lohnt sich eine Rechtsschutzversicherung?
Da in arbeitsgerichtlichen Verfahren die Parteien ihre Anwaltskosten selbst zahlen, ist der finanzielle Schutz durch eine Rechtsschutzversicherung meist zu empfehlen. Hierbei trägt eine Rechtsschutzversicherung im Regelfall alle gesetzlichen Gebühren im Rahmen des individuellen Versicherungsumfangs. Bitte beachten Sie, dass der Umfang des Rechtsschutzes vom jeweiligen Rechtsschutzversicherungsvertrag ist.
Wir übernehmen gern für Sie die gesamte Korrespondenz mit Ihrer Versicherung inklusive Kostendeckungsanfrage und Abrechnung. Weitergehende Informationen, auch zu der Frage, ob Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten für ein Erstberatungsgespräch übernimmt, erhalten Sie hier: „Unser Service für Rechtsschutzversicherte“.
Im Ergebnis lässt sich daher sagen, dass sich eine Rechtsschutzversicherung nahezu immer lohnt, da im Arbeitsrecht immer eine Kostenlast besteht.
Welche Besonderheiten bei den Kosten gibt es im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen?
Grundsätzlich können die Parteien in der ersten Instanz den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht selbst führen, § 11 Abs. 1 S. 1 ArbGG. Hierbei unterscheidet sich das Verfahren vor den Arbeitsgerichten nicht groß von Verfahren vor den Amts-, Verwaltungs- und Sozialgerichten. Bei der Beauftragung eines Anwalts gibt es jedoch eine Besonderheit: In der Regel ist es bei juristischen Auseinandersetzungen so, dass die unterlegene Partei auch die Anwaltskosten des Gegners zahlen muss. Anders ist dies im Arbeitsrecht, dort gilt nämlich gemäß § 12a ArbGG eine Besonderheit: In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen müssen in der ersten Instanz sowohl die Klagepartei als auch die Beklagtenpartei ihren eigenen Anwalt selbst bezahlen, unabhängig vom Prozessausgang. Häufig schrecken Arbeitnehmer daher wegen hoher Anwaltskosten vor einer rechtlichen Auseinandersetzung zurück, was erhebliche Nachteile (z.B. beim Bezug von Arbeitslosengeld im Falle einer Kündigung) mit sich bringen kann. Dabei gibt es mehrere Unterstützungsmöglichkeiten beim Arbeitsrechtsschutz, die jeder Arbeitnehmer kennen sollte.
Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts beginnt zumeist mit einem Erstberatungsgespräch, das für die Einschätzung der Sachlage und der Erfolgsaussichten meist erforderlich ist. Dieses ist in der Regel wegen der verpflichtenden Kostenordnung für Rechtsanwälte bereits mit Kosten zwischen € 150,00 bis € 190,00 (zuzüglich Mehrwertsteuer) verbunden. Jedoch gibt es die Möglichkeit, die sogenannte Beratungshilfe gemäß dem Beratungshilfegesetz in Anspruch zu nehmen. Dies ermöglicht es Rechtsuchenden, die über kein oder nur ein geringes Einkommen oder Vermögen verfügen, zur Wahrnehmung ihrer Rechte außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Rechtsberatung und Rechtsvertretung durch einen Anwalt ihrer Wahl gegen eine kleine finanzielle Eigenleistung (derzeit € 15,00) in Anspruch zu nehmen. Hierzu ist erst einmal ein Antrag auf Erteilung eines Berechtigungsscheins bei dem für Ihren Wohnbezirk zuständigen Amtsgericht erforderlich, bevor Sie den Anwalt aufsuchen bzw. spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit.(§ 6 BerHG)
Kommt es – in der Regel nach einem Erstberatungsgespräch – zur Einleitung eines Gerichtsverfahrens, kann Prozesskostenhilfe beantragt werden, wenn der Arbeitnehmer nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um ein Gerichtsverfahren zu finanzieren. Die Prozesskostenhilfe übernimmt ggfs. die Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren, wobei jedoch auch eine bloße Gewährung einer Ratenzahlung in Betracht kommt. Auch hierfür ist ein Antrag notwendig, der bei dem zuständigen Prozessgericht gestellt wird, im Regelfall durch den beauftragten Rechtsanwalt. Auf Wunsch beantragen wir für Sie gern die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Das für die Antragstellung erforderliche Formular finden Sie in unserem Download-Bereich. Weitergehende Informationen zur Beratungs- und Prozesskostenhilfe finden Sie hier: „Hilfe zur Selbsthilfe“.
Abrechnung und Kosten
Sofern für Sie weder die Beantragung von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Frage kommt, noch der Arbeitsrechtsschutz einer Rechtsschutzversicherung eingreift, bieten wir bei der Abrechnung unserer Leistungen verschiedene Möglichkeiten an. Dabei gibt es die Möglichkeit der Abrechnung auf Basis der gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder die Abrechnung auf Basis einer Vergütungsvereinbarung. Welche Variante angewendet wird, entscheiden wir individuell in enger Absprache mit Ihnen in unserem ersten Beratungsgespräch, wobei wir darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Gebühren Mindestgebühren sind, die wir auch bei einer zeitabhängigen Vergütungsvereinbarung nicht unterschreiten dürfen.