BAG, Urteil vom 26.10.2017, 6 AZR 158/16
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers können dem Arbeitnehmer keine Kündigungsfrist von drei Jahren vorgeben.
Der Fall:
Geklagt hatte eine hier ausnahmsweise nicht der Arbeitnehmer, sondern vielmehr der Arbeitgeber, der die Feststellung begehrte, dass sich der Arbeitnehmer an die im Arbeitsvertrag vorgeschriebene 3-jährige Kündigungsfrist zu halten hatte. Der Arbeitnehmer war zunächst als Speditionskaufmann auf Basis einer 45-Stunden-Woche zu lediglich € 1.400,00 brutto beschäftigt worden. Im Sommer 2012 wurde das Gehalt des Arbeitnehmers zwar auf € 2.400,00 brutto angehoben, allerdings musste sich der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang mit einer für beide Parteien geltenden Änderung seiner Kündigungsfrist auf drei Jahre zum Monatsende einverstanden erklären.
Hinzukam, dass der Arbeitgeber im Falle einer Kündigung dazu berechtigt sein sollte, den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen und für die nächsten drei Jahre keine weitere Gehaltsanpassung mehr erfolgen solle. Im Dezember 2014 erfuhr der Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber in seinem Betrieb eine Spähsoftware einsetzte, mit der er die Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz ausspionierte.
Daraufhin kündigte der Arbeitnehmer und wies in seinem Kündigungsschreiben darauf hin, dass er zwar ordentlich und fristgerecht kündigen wolle, aber nicht mit einer Kündigungsfrist von drei Jahren, sondern vielmehr mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen zum 31.01.2015 (dies ist die gesetzliche Kündigungsfrist). Der Arbeitgeber erhob daraufhin Klage zum Arbeitsgericht mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass der Arbeitnehmer an die vertraglich vereinbarte, dreijährige Kündigungsfrist gebunden sei.
Die Entscheidung:
Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber zunächst Recht, das LAG wies die Klage jedoch ab und vertrat dabei die Auffassung, dass diese extrem lange Kündigungsfrist nicht mit der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) vereinbar sei.
Das BAG bestätigte diese Auffassung, bezog dies jedoch auf den konkreten Einzelfall. Demnach benachteilige die dreijährige Kündigungsfrist den Arbeitnehmer in diesem Fall entgegen Treu und Glauben und sei daher als eine AGB-Regelung nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam. Zwar liege die nach Gesetz maximal anzuwendende Kündigungsfrist (§ 622 Abs. 6 BGB / § 15 Abs. 4 TzBfG) bei fünf Jahren und sieben Monaten, allerdings beute dies nicht, dass eine Kündigungsfrist, die diese Grenze nicht erreicht, stets zulässig sei.
Vielmehr müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Kündigungsfrist eine unangemessene Benachteiligung für den Arbeitnehmer darstelle, indem sie ihn in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) einschränkt. Dies sei hier der Fall, wobei das BAG Begleitumstände heranzog und hervorhob, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist nicht dadurch ausgeglichen werde, dass zugleich eine Lohnerhöhung vereinbart wurde war, zumal sich der Arbeitnehmer dazu verpflichten musste, diese Zusatzvereinbarung langfristig einzufrieren und auf Gehaltserhöhungen zu verzichten.